26.01.2012 | Ansprüche gegen den Pferdeverkäufer und Tierarzthaftung wegen einer fehlerhaften Ankaufsuntersuchung Im Jahr 2012 haben wir einen unserer Mandanten erfolgreich durch zwei Instanzen begleitet.
Der Sachverhalt war übersichtlich: Ein Pferdekäufer ließ eine Ankaufsuntersuchung von einem Tierarzt durchführen. Der Tierarzt übersah hierbei einen gravierenden Mangel des Pferdes. Der Pferdekäufer verklagte den Tierarzt auf Schadensersatz, nachdem der Verkäufer sich geweigert hatte, das Pferd zurück zu nehmen.
Mit Urteil vom 26.01.2012 – VII ZR 164/11 – hat der Bundesgerichtshof in diesem Rechtsstreit ein klares Wort gesprochen und in mehrfacher Hinsicht rechtliche Unsicherheiten bei der Beurteilung derartiger Haftungstatbestände beseitigt. Der BGH stellte fest, dass der Auftrag an den Tierarzt, eine Ankaufsuntersuchung bei einem Pferd durchzuführen, die Verpflichtung des Tierarztes begründet, seinem Auftraggeber das Ergebnis der Ankaufsuntersuchung und insbesondere vorliegende Auffälligkeiten des Tieres mitzuteilen. Hier schuldet der Tierarzt einen fehlerfreien Befund.
Im Falle eines fehlerhaften Befundes haftet der Tierarzt gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des Schadens, der bei dem Vertragspartner dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat. Der BGH stellt klar, dass es dem Käufer überlassen bleibt, zu entscheiden, ob er den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache oder den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung in Anspruch nehmen will. Der BGH macht hier deutlich, dass die Haftung des Tierarztes nicht nachrangig zur Mängelgewährleistungshaftung des Verkäufers besteht.
Mithin eröffnen sich für den Pferdekäufer neue, ergiebige und aussichtsreiche prozessuale Möglichkeiten.
26.01.2012 | BGH verschärft Haftung der Tierärzte
Die „Schonzeit“ für Tierärzte, die einen Fehler bei der Ankaufsuntersuchung machen, ist vorbei.
Der Fall: Ein Pferdekäufer hat eine Ankaufsuntersuchung von einem Tierarzt durchführen lassen, bei welcher der Tierarzt einen gravierenden Mangel des Pferdes übersehen hat. Der Käufer hat nun direkt den Tierarzt auf Schadensersatz verklagt, nachdem der von uns vertretende Verkäufer sich geweigert hatte, dem Kaufpreis zurückzuzahlen.
Der BGH stellt fest, dass der Auftrag an den Tierarzt, eine Ankaufsuntersuchung bei einem Pferd durchzuführen, den Tierarzt nicht nur verpflichte, eine Ankaufsuntersuchung des Pferdes ordnungsgemäß durchzuführen. Der Tierarzt schuldet auch einen fehlerfreien Befund. Im Falle eines fehlerhaften Befundes haftet der Tierarzt gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des Schadens, der bei dem Vertragspartner dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat.
Der BGH stellt klar, dass es dem Käufer überlassen bleibt, zu entscheiden, ob er den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache oder den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung in Anspruch nehmen will. Etwas anderes kann sich nur ausnahmsweise nach den Maßstäben von Treu und Glauben ergeben, wenn der Verkäufer unproblematisch zur Rückabwicklung des Kaufvertrags bereit ist. Gibt er jedoch –wie hier unserer Mandant- zu erkennen, dass er nicht bereit ist, die geltend gemachten Aufwendungen und Schäden zu ersetzen und den Kaufpreis zurück zu zahlen, so hat der Käufer die freie Wahl, ob er ihn oder den Tierarzt in Anspruch nehmen will. Der BGH macht hier deutlich, dass die Haftung des Tierarztes nicht nachrangig zur Mängelgewährleistungshaftung des Verkäufers besteht.
(BGH, Urteil vom 26.01.2012 – VII ZR 164/11)
21.12.2011 | Nacherfüllung durch „Lieferung einer mangelfreien Sache“ bei Verbrauchsgüterkauf
Der Bundesgerichtshof hat am 21.12.2011 (Az: VIII ZR 70/08) entschieden, dass § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB dahin auszulegen ist, dass die dort genannte Nacherfüllungsvariante „Lieferung einer mangelfreien Sache“ auch den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache erfasst. Das dem Verkäufer in § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB eingeräumte Recht, die Nacherfüllung wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, ist beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung dahingehend einzuschränken, dass ein Verweigerungsrecht des Verkäufers nicht besteht, wenn nur eine Art der Nacherfüllung möglich ist oder der Verkäufer die andere Art der Nacherfüllung zu Recht verweigert. In diesen Fällen beschränkt sich das Recht des Verkäufers, die Nacherfüllung in Gestalt der Ersatzlieferung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, auf das Recht, den Käufer bezüglich des Ausbaus der mangelhaften Kaufsache und des Einbaus der als Ersatz gelieferten Kaufsache auf die Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrages zu verweisen. Bei der Bemessung dieses Betrags sind der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Die Beschränkung auf eine Kostenbeteiligung des Verkäufers darf allerdings nicht dazu führen, dass das Recht des Käufers auf Erstattung der Aus- und Einbaukosten ausgehöhlt wird.
(Quelle: Bundesgerichtshof)
23.11.2011 | Zahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Oder-Konto als freigebige Zuwendung (Schenkung) an den anderen Ehegatten
Der Bundesfinanzhof hat am 23.11.2011 (Az.: II R 33/10) entschieden, dass die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder-Konto) der Eheleute zu einer der Schenkungsteuer unterliegenden Zuwendung an den anderen Ehegatten führen kann. Allerdings trägt das Finanzamt die Feststellungslast dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann und damit durch die Zuwendung des hälftigen Guthabens bereichert ist. Maßgebend für diese Feststellungen sind die Vereinbarungen der Eheleute sowie die Verwendung des Guthabens. Je häufiger der nicht einzahlende Ehegatte auf das Guthaben des Oder-Kontos zugreift, um eigenes Vermögen zu schaffen, umso stärker spricht sein Verhalten dafür, dass er wie der einzahlende Ehegatte zu gleichen Teilen Berechtigter ist. Verwendet der nicht einzahlende Ehegatte dagegen nur im Einzelfall einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens, kann das darauf hindeuten, dass sich die Zuwendung des einzahlenden Ehegatten an den anderen Ehegatten auf diesen Betrag beschränkt und nicht einen hälftigen Anteil am gesamten Guthaben auf dem Oder-Konto betrifft. Liegen danach hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte vor, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, so trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.
(Quelle: Bundesfinanzhof)
10.11.2011 | Rücktritt vom Aufhebungsvertrag während des Insolvenzeröffnungsverfahrens
Das Bundesarbeitsgericht hat am 10. November 2011 (Az: 6 AZR 357/10) entschieden: Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem mit dem Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossenen Aufhebungsvertrag zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, liegt regelmäßig ein gegenseitiger Vertrag vor. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht in der Regel im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Abfindungszusage des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer kann deshalb nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich vom Aufhebungsvertrag zurücktreten, wenn der Arbeitgeber die Abfindung nicht zahlt, das Rücktrittsrecht nicht ausdrücklich oder konkludent abbedungen ist und dem Arbeitgeber ohne Erfolg eine angemessene Frist zur Zahlung der Abfindung gesetzt wurde. Das Rücktrittsrecht aus § 323 Abs 1 BGB setzt allerdings die Durchsetzbarkeit der Forderung voraus. Daran fehlt es, wenn der Schuldner nicht leisten muss oder nicht leisten darf, zum Beispiel wenn der Arbeitgeber die Abfindungssumme aufgrund einer Anordnung des Insolvenzgerichts nicht ohne Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters an den Arbeitnehmer zahlen darf. Im konkreten Fall stand der Durchsetzbarkeit des Abfindungsanspruchs zudem die „dolo-petit-Einrede“ entgegen. Der Arbeitnehmer forderte mit der Abfindung eine Leistung, die er alsbald nach § 143 Abs. 1 InsO wegen Anfechtbarkeit der Abfindungszahlung zur Insolvenzmasse hätte zurückgewähren müssen. Gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist u.a. eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt hat, wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung den Eröffnungsantrag kannte. Diese Voraussetzungen lagen im konkreten Fall vor.
(Quelle: Bundesarbeitsgericht)
06.10.2011 | Keine Anwendung der 1%-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte
Der Bundesfinanzhof hat am 06.10.2011 (Az: VI R 56/10) entschieden, dass die 1%-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) nicht anwendbar ist, wenn der Arbeitnehmer ein betriebliches Fahrzeug lediglich für betriebliche Zwecke sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzt.
Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt dies nach der ständigen Rechtsprechung des 6. Senats zu einem steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers der als Arbeitslohn zu erfassen ist. Der Vorteil ist entweder anhand des Fahrtenbuchs oder, wenn ein Fahrtenbuch nicht geführt wird, nach der 1%-Regelung zu bewerten. Die Nutzung eines Fahrzeugs für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist, so der Bundesfinanzhof, keine private Nutzung, denn der Gesetzgeber hat diese Fahrten in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG der Erwerbssphäre zugeordnet.
(Quelle: Bundesfinanzhof)
28.04.2010 | Berechnungsgrundlage für Pflichtteilsergänzungsansprüche nach § 2325 Abs. 1 BGB bei widerruflicher Bezugsrechtseinräumung im Rahmen von Lebensversicherungsverträgen
Der insbesondere für das Versicherungsvertragsrecht und das Erbrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die seit Schaffung des BGB umstrittene Rechtsfrage neu beurteilt, auf Grundlage welchen Werts ein Pflichtteilsberechtigter eine Ergänzung des Pflichtteilsanspruchs nach § 2325 Abs. 1 BGB verlangen kann, wenn der Erblasser die Todesfallleistung einer von ihm auf sein eigenes Leben abgeschlossenen Lebensversicherung mittels einer widerruflichen Bezugsrechtsbestimmung einem Dritten schenkweise zugewendet hat. Der Bundesgerichtshof hat hierzu am 28. April 2010 (Az: IV ZR 230/08) entschieden, dass es allein auf den Wert ankommt, den der Erblasser aus den Rechten seiner Lebensversicherung in der letzten – juristischen – Sekunde seines Lebens nach objektiven Kriterien für sein Vermögen hätte umsetzen können. In aller Regel ist dabei auf den Rückkaufswert abzustellen. Je nach Lage des Einzelfalls kann gegebenenfalls auch ein – objektiv belegter – höherer Veräußerungswert heranzuziehen sein, insbesondere wenn der Erblasser die Ansprüche aus der Lebensversicherung zu einem höheren Preis an einen gewerblichen Ankäufer hätte verkaufen können. Dabei ist der objektive Marktwert aufgrund abstrakter und genereller Maßstäbe unter Zugrundelegung der konkreten Vertragsdaten des betreffenden Versicherungsvertrags festzustellen. Die schwindende persönliche Lebenserwartung des Erblassers aufgrund subjektiver, individueller Faktoren – wie insbesondere ein fortschreitender Kräfteverfall oder Krankheitsverlauf – darf bei der Wertermittlung allerdings ebenso wenig in die Bewertung einfließen, wie das erst nachträglich erworbene Wissen, dass der Erblasser zu einem bestimmten Zeitpunkt tatsächlich verstorben ist.
(Quelle: Bundesgerichtshof)
24.02.2010 | Zur Anwendung der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf bei einer vom Zuchtverband veranstalteten Pferdeauktion
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine von einem Pferdezuchtverband veranstaltete Pferdeauktion, die von einem öffentlich bestellten Versteigerer durchgeführt wird, als öffentliche Versteigerung anzusehen ist, auf die die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufrechts nicht anzuwenden sind.
Die Klägerin, die hobbymäßig ein Gestüt betreibt, verlangt die Rückerstattung des Kaufpreises für eine im Januar 2005 in einer Auktion des Beklagten ersteigerte Stute. Der Beklagte ist ein anerkannter Pferdezuchtverband. Er organisiert jährlich mehrere Auktionen, in deren Rahmen Pferde der Mitglieder des Beklagten versteigert werden. So auch bei der im Januar 2005 durchgeführten Auktion, die von einem nach § 34b GewO öffentlich bestellten Versteigerer geleitet wurde. Aus den allgemeinen Auktionsbedingungen des Verbandes ergibt sich unter anderem, dass die Versteigerungen vom Verband veranstaltet werden und dass die im Rahmen der Auktion geschlossenen Verträge zwischen dem Ersteigerer und dem Verband zustande kommen. Im März 2005 stellte die Klägerin fest, dass die im Januar ersteigerte Stute die Verhaltensauffälligkeit des „Freikoppens“ aufweist, die den Zucht- und Wiederverkaufswert eines Pferdes mindert. Mit der Klage hat sie deshalb unter anderem die Rückerstattung des Kaufpreises von rund 160.000 € begehrt. Die Klage ist in erster und zweiter Instanz abgewiesen worden.
Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte im Ergebnis Erfolg. Allerdings hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass die Klägerin sich nicht auf die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf berufen kann, weil der in § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelte Ausnahmetatbestand des Verkaufs gebrauchter Sachen in einer öffentlichen Versteigerung erfüllt ist. Die Ausnahme von der Anwendbarkeit der Verbrauchsgüterkaufvorschriften ist zwar nur dann hinnehmbar, wenn der Versteigerer aufgrund seiner Person eine gesteigerte Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Versteigerung einschließlich einer zutreffenden Beschreibung der angebotenen Gegenstände bietet. Das ist jedoch – wie hier – bei einem öffentlich bestellten Versteigerer der Fall. Hingegen ist es nicht erforderlich, dass der Versteigerer selbst Veranstalter der Auktion ist.
Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückverwiesen worden, weil weitere Feststellungen dazu getroffen werden müssen, ob die Verhaltensauffälligkeit des „Freikoppens“ bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden war. Da die in § 476 BGB für den Verbrauchsgüterkauf geregelte Beweislastumkehr nicht zur Anwendung kommt, ist das von der Klägerin zu beweisen. Diese hat dazu aber, anders als es das Oberlandesgericht angenommen hat, hinreichende Anknüpfungstatsachen vorgetragen, zu denen ein Sachverständigengutachten einzuholen sein wird.
(BGH, Urteil vom 24. Februar 2010 – VIII ZR 71/09)