30.11.2024 | Berliner Testament und Erbschaftsteuer bei Jastrowscher Klausel
Der 2. Senat des Bundesfinanzhofs hat am 27.02.2024 (Az: II-R-34/20) zur steuerlichen Behandlung eines erst beim Tode des länger lebenden Ehegatten fälligen Vermächtnisses zugunsten von Kindern in einem Berliner Testament Stellung genommen.
Im Streitfall hatten die Eltern ein sog. Berliner Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzten, wobei der überlebende Ehegatte über den Nachlass und sein Vermögen frei verfügen konnte. Als Erben des überlebenden Ehegatten bestimmten die Eheleute die Klägerin und drei ihrer Schwestern. Ein Bruder und eine weitere Schwester wurden enterbt. Das Testament enthielt eine sog. Jastrowsche Klausel. Diese regelte, dass für den Fall, dass eines der Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden den Pflichtteil verlangt, dieses Kind auch vom Nachlass des zuletzt versterbenden Elternteils nur den Pflichtteil erhalten sollte. Diejenigen Kinder, die den Pflichtteil beim Tod des Erstversterbenden nicht fordern, sollten beim Tod des länger lebenden Ehegatten aus dem Nachlass des Erstversterbenden ein erst beim Tod des länger lebenden Ehegatten fälliges Vermächtnis in Höhe des Pflichtteils erhalten.
Die enterbten Geschwister der Klägerin machten nach dem Tod des erstverstorbenen Vaters ihren Pflichtteil geltend, wodurch die Klägerin ein auf den Tod der Mutter fälliges Vermächtnis erwarb.
Nachdem auch die Mutter verstorben war, setzte das Finanzamt gegenüber der Klägerin Erbschaftsteuer für den Erwerb nach der Mutter fest und rechnete das Vermächtnis weder dem Erwerb hinzu noch wurde es als Nachlassverbindlichkeit in Abzug gebracht. Die Klägerin war der Auffassung, das Vermächtnis sei doppelt hinzugerechnet worden und deshalb als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig.
Der BFH bestätigte die Erbschaftsteuerfestsetzung des Finanzamts.
Der Wert des Vermächtnisses wurde zunächst nach dem Tod des Vaters bei der Mutter als dessen Alleinerbin versteuert. Da das Vermächtnis erst bei dem Tod der Mutter fällig wurde, ging der Nachlass des Vaters ungeschmälert, also einschließlich des Vermögens, aus dem das Vermächtnis zu erfüllen war, auf die Mutter über. Die Mutter konnte die Vermächtnisverbindlichkeit bei ihrem Erbe nicht in Abzug bringen, weil sie mangels Fälligkeit diese Schuld nicht zu begleichen hatte. Nach dem Tod der Mutter hatte die Klägerin das jetzt fällig gewordene Vermächtnis zu versteuern. Als Schlusserbin unterlag bei ihr außerdem der Nachlass nach der Mutter der Erbschaftsteuer. Dort konnte sie die dann fällig gewordene Vermächtnisverbindlichkeit als Nachlassverbindlichkeit in Abzug bringen. Das Vermächtnis unterlag bei der Klägerin daher nur einmal der Besteuerung.
Dass bezüglich des betagten Vermächtnisses im Ergebnis zweimal Erbschaftsteuer entsteht –einmal (ohne Abzugsmöglichkeit als Nachlassverbindlichkeit) bei der Mutter nach dem Tod des Vaters und ein weiteres Mal bei der Klägerin nach dem Tod der Mutter- sei für die Steuerpflichtigen zwar ungünstig, aus rechtlicher Sicht aber nicht zu beanstanden. Es liegt an der Verwendung der Jastrowschen Klausel, die –um den überlebenden Ehegatten mit ausreichend Liquidität auszustatten– das Vermächtnis zwar bei Tod des Erstverstorbenen anfallen, aber erst bei Tod des länger lebenden Ehegatten fällig werden lässt.
(Quelle: Bundesfinanzhof)