16.05.2013 | Endgültiger Verlust der Altgesellschaftereigenschaft i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG trotz späteren Wiedereintritts in die Personengesellschaft
Der Bundesfinanzhof hat am 16.05.2013 (Az: II R 3/11) entschieden, dass ein Gesellschafter seine Stellung als (Alt-)Gesellschafter einer Personengesellschaft i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) verliert, wenn sein Mitgliedschaftsrecht zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht.
Wenn zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück gehört und sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt ändert, dass mindestens 95% der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft (§ 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG). Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes liegt vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der grundstücksbesitzenden Personengesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergeht.
Die mit dem Ausscheiden des Gesellschafters verbundenen Rechtsfolgen können nur nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 GrEStG durch Anteilsrückübertragung auf den vormaligen (Alt-) Gesellschafter beseitigt werden.
Erwirbt der zuvor ausgeschiedene (Alt-)Gesellschafter erneut einen Anteil an der Personengesellschaft aufgrund eines neu gefassten Entschlusses, ist er neuer Gesellschafter i.S. des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG. Dies gilt auch dann, wenn das Ausscheiden aus der Personengesellschaft und der Wiedereintritt innerhalb der Fünfjahresfrist des § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG erfolgen. Eine „Fortgeltung“ der Altgesellschafterstellung bis zum erneuten Erwerb eines Anteils an der Personalgesellschaft bzw. ein durch den erneuten Anteilserwerb bewirktes „Wiederaufleben“ der vormaligen Altgesellschafterstellung ist zivilrechtlich ausgeschlossen und kommt auch nach dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht in Betracht.
(Quelle: Bundesfinanzhof)
23.01.2013 | Montagsauto
Der Bundesgerichtshof hat am 23.01.2013 (Az: VIII ZR 140/12) zu der Frage entschieden, unter welchen Voraussetzungen bei einem gehäuften Auftreten von Mängeln ein sogenanntes „Montagsauto“ vorliegt, bei dem eine (weitere) Nacherfüllung durch den Verkäufer für den Käufer gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich oder nach § 440 S. 1 Alt. 3 BGB unzumutbar ist. Ob ein Neufahrzeug im Hinblick auf die Art, das Ausmaß und die Bedeutung der aufgetretenen Mängel als „Montagsauto“ anzusehen ist, beurteilt sich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs danach, ob der bisherige Geschehensablauf aus Sicht eines verständigen Käufers die Befürchtung rechtfertigt, es handele sich um ein Fahrzeug, das wegen seiner auf herstellungsbedingten Qualitätsmängeln beruhenden Fehleranfälligkeit insgesamt mangelhaft ist und auch zukünftig nicht frei von herstellungsbedingten Mängeln sein wird.
Im konkreten Fall war eine Fristsetzung zur Nacherfüllung zumutbar, da es sich bei der weitaus überwiegenden Anzahl der vom Käufer beanstandeten Mängel um bloße Bagatellprobleme handelte, die nicht die technische Funktionstüchtigkeit des Fahrzeugs, sondern dessen Optik und Ausstattung betrafen und den Mängeln deshalb lediglich ein „Lästigkeitswert“ beizumessen war.
(Quelle: Bundesgerichtshof)
22.11.2012 | Unwirksame Kündigung bei fehlerhafter Massenentlassungsanzeige
Nach § 17 Abs. 1 KSchG ist ein Arbeitgeber verpflichtet, vor einer größeren Anzahl, innerhalb von 30 Tagen ausgesprochener betriebsbedingter Kündigungen der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten. Die Grenze für die Anzahl der Kündigungen ist im Gesetz nach Betriebsgröße gestaffelt (z.B. 5 Kündigungen bei mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern). Das Bundesarbeitsgericht erklärte eine Kündigung nach § 134 BGB für nichtig, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs die gesetzlich vorgeschriebene Massenentlassungsanzeige nicht wirksam erstattet ist.
(BAG, Urteil vom 22.11.2012 – 2 AZR 371/11)
05.09.2012 | Oberlandesgerichts Hamm bejaht Ansprüche der Käuferin gegen den durch den Verkäufer beauftragten Tierarzt
Der Fall: Ein vom Verkäufer einer Schimmelstute beauftragter Tierarzt haftet gegenüber der Käuferin für Fehler bei einer Ankaufsuntersuchung, auch wenn er mit dem Verkäufer insoweit einen Haftungsausschluss vereinbart hat. Das hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 05.09.2013 entschieden.
Im Juli 2010 erwarb die Klägerin aus Kelkheim von einem Pferdeverkäufer eine laut Kaufvertrag vier Jahre alte Schimmelstute als Reitpferd zum Kaufpreis von 2.700 €. Das angegebene Alter entsprach dem im Pferdepass aufgeführten Geburtsdatum des Tieres. Der Kaufvertrag sollte im Falle der erfolgreichen Durchführung einer Ankaufsuntersuchung durch die beklagte Tierarztpraxis wirksam werden. Der Verkäufer beauftragte daraufhin die Beklagte mit der Ankaufsuntersuchung. Diese führte die Beklagte auf der Grundlage von Vertragsbedingungen durch, die Ansprüche der Käuferin gegen die Praxis ausschlossen. In dem über die Ankaufsuntersuchung erstellten Protokoll, das die Käuferin in der Folgezeit billigte, vermerkte der für die Beklagte tätige Tierarzt nicht, dass das Tier noch ein vollständiges Milchgebiss hatte und deshalb – entgegen den Angaben im Pferdepass – noch keine vier Jahre alt sein konnte. Nachdem die Klägerin erfahren hatte, dass das gekaufte Pferd erst ca. 2 ½ Jahre alt war, hat sie von der beklagten Tierarztpraxis Schadensersatz verlangt und diesen mit ihren Aufwendungen für das Pferd bis zum Erreichen des vierten Lebensjahres begründet. Zuvor habe das Tier, so ihre Begründung, einen Minderwert gehabt, weil es nicht als Reitpferd einzusetzen gewesen sei. In Kenntnis des tatsächlichen Alters hätte sie von dem Ankauf im Jahre 2010 abgesehen.
Der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat der Klägerin ca. 4.500 € Schadensersatz zugesprochen.
Der zwischen dem Verkäufer und der beklagten Tierarztpraxis im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Pferdekaufs abgeschlossene Vertrag über die Durchführung einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung entfalte eine Schutzwirkung für den Kaufinteressenten. Ihm gegenüber hafte die Tierarztpraxis für Fehler bei der Ankaufsuntersuchung. Diese Haftung könne im Vertrag zwischen dem Verkäufer und der Tierarztpraxis nicht ausgeschlossen werden. Eine Haftungsfrei-zeichnung nur zu Lasten der Käuferin – wie sie der vorliegende Vertrag enthalte – sei unwirksam.
Bei der Untersuchung der Stute habe der für die Beklagte handelnde Tierarzt eine Pflicht verletzt, weil er die Käuferin auf die sich aus dem Milchgebiss ergebenden Zweifel an dem im Pferdepass angegebenen Geburtsdatum nicht hingewiesen habe. In Kenntnis des tatsächlichen Alters von gut zwei Jahren hätte die Klägerin das Pferd nicht erworben, so dass ihr die Beklagte den Schaden zu ersetzen habe, der ihr durch den Erwerb des Tieres aufgrund des fehlerhaften Befundes entstanden sei. Dieser setze sich aus Unterbringungs-, Verpflegungs- und Behandlungskosten für die Stute in Höhe insgesamt ca. 4.500 € zusammen. Die Kosten seien entstanden, bis das Pferd das Alter von vier Jahren erreicht habe.
(Oberlandesgerichts Hamm, Urteil vom 05.09.2012 – 21 U 143/12)
26.01.2012 | Ansprüche gegen den Pferdeverkäufer und Tierarzthaftung wegen einer fehlerhaften Ankaufsuntersuchung Im Jahr 2012 haben wir einen unserer Mandanten erfolgreich durch zwei Instanzen begleitet.
Der Sachverhalt war übersichtlich: Ein Pferdekäufer ließ eine Ankaufsuntersuchung von einem Tierarzt durchführen. Der Tierarzt übersah hierbei einen gravierenden Mangel des Pferdes. Der Pferdekäufer verklagte den Tierarzt auf Schadensersatz, nachdem der Verkäufer sich geweigert hatte, das Pferd zurück zu nehmen.
Mit Urteil vom 26.01.2012 – VII ZR 164/11 – hat der Bundesgerichtshof in diesem Rechtsstreit ein klares Wort gesprochen und in mehrfacher Hinsicht rechtliche Unsicherheiten bei der Beurteilung derartiger Haftungstatbestände beseitigt. Der BGH stellte fest, dass der Auftrag an den Tierarzt, eine Ankaufsuntersuchung bei einem Pferd durchzuführen, die Verpflichtung des Tierarztes begründet, seinem Auftraggeber das Ergebnis der Ankaufsuntersuchung und insbesondere vorliegende Auffälligkeiten des Tieres mitzuteilen. Hier schuldet der Tierarzt einen fehlerfreien Befund.
Im Falle eines fehlerhaften Befundes haftet der Tierarzt gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des Schadens, der bei dem Vertragspartner dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat. Der BGH stellt klar, dass es dem Käufer überlassen bleibt, zu entscheiden, ob er den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache oder den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung in Anspruch nehmen will. Der BGH macht hier deutlich, dass die Haftung des Tierarztes nicht nachrangig zur Mängelgewährleistungshaftung des Verkäufers besteht.
Mithin eröffnen sich für den Pferdekäufer neue, ergiebige und aussichtsreiche prozessuale Möglichkeiten.
26.01.2012 | BGH verschärft Haftung der Tierärzte
Die „Schonzeit“ für Tierärzte, die einen Fehler bei der Ankaufsuntersuchung machen, ist vorbei.
Der Fall: Ein Pferdekäufer hat eine Ankaufsuntersuchung von einem Tierarzt durchführen lassen, bei welcher der Tierarzt einen gravierenden Mangel des Pferdes übersehen hat. Der Käufer hat nun direkt den Tierarzt auf Schadensersatz verklagt, nachdem der von uns vertretende Verkäufer sich geweigert hatte, dem Kaufpreis zurückzuzahlen.
Der BGH stellt fest, dass der Auftrag an den Tierarzt, eine Ankaufsuntersuchung bei einem Pferd durchzuführen, den Tierarzt nicht nur verpflichte, eine Ankaufsuntersuchung des Pferdes ordnungsgemäß durchzuführen. Der Tierarzt schuldet auch einen fehlerfreien Befund. Im Falle eines fehlerhaften Befundes haftet der Tierarzt gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des Schadens, der bei dem Vertragspartner dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat.
Der BGH stellt klar, dass es dem Käufer überlassen bleibt, zu entscheiden, ob er den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache oder den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung in Anspruch nehmen will. Etwas anderes kann sich nur ausnahmsweise nach den Maßstäben von Treu und Glauben ergeben, wenn der Verkäufer unproblematisch zur Rückabwicklung des Kaufvertrags bereit ist. Gibt er jedoch –wie hier unserer Mandant- zu erkennen, dass er nicht bereit ist, die geltend gemachten Aufwendungen und Schäden zu ersetzen und den Kaufpreis zurück zu zahlen, so hat der Käufer die freie Wahl, ob er ihn oder den Tierarzt in Anspruch nehmen will. Der BGH macht hier deutlich, dass die Haftung des Tierarztes nicht nachrangig zur Mängelgewährleistungshaftung des Verkäufers besteht.
(BGH, Urteil vom 26.01.2012 – VII ZR 164/11)
21.12.2011 | Nacherfüllung durch „Lieferung einer mangelfreien Sache“ bei Verbrauchsgüterkauf
Der Bundesgerichtshof hat am 21.12.2011 (Az: VIII ZR 70/08) entschieden, dass § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB dahin auszulegen ist, dass die dort genannte Nacherfüllungsvariante „Lieferung einer mangelfreien Sache“ auch den Ausbau und den Abtransport der mangelhaften Kaufsache erfasst. Das dem Verkäufer in § 439 Abs. 3 Satz 3 BGB eingeräumte Recht, die Nacherfüllung wegen (absolut) unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, ist beim Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 Satz 1 BGB) im Wege der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung dahingehend einzuschränken, dass ein Verweigerungsrecht des Verkäufers nicht besteht, wenn nur eine Art der Nacherfüllung möglich ist oder der Verkäufer die andere Art der Nacherfüllung zu Recht verweigert. In diesen Fällen beschränkt sich das Recht des Verkäufers, die Nacherfüllung in Gestalt der Ersatzlieferung wegen unverhältnismäßiger Kosten zu verweigern, auf das Recht, den Käufer bezüglich des Ausbaus der mangelhaften Kaufsache und des Einbaus der als Ersatz gelieferten Kaufsache auf die Kostenerstattung in Höhe eines angemessenen Betrages zu verweisen. Bei der Bemessung dieses Betrags sind der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand und die Bedeutung des Mangels zu berücksichtigen. Die Beschränkung auf eine Kostenbeteiligung des Verkäufers darf allerdings nicht dazu führen, dass das Recht des Käufers auf Erstattung der Aus- und Einbaukosten ausgehöhlt wird.
(Quelle: Bundesgerichtshof)
23.11.2011 | Zahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Oder-Konto als freigebige Zuwendung (Schenkung) an den anderen Ehegatten
Der Bundesfinanzhof hat am 23.11.2011 (Az.: II R 33/10) entschieden, dass die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder-Konto) der Eheleute zu einer der Schenkungsteuer unterliegenden Zuwendung an den anderen Ehegatten führen kann. Allerdings trägt das Finanzamt die Feststellungslast dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann und damit durch die Zuwendung des hälftigen Guthabens bereichert ist. Maßgebend für diese Feststellungen sind die Vereinbarungen der Eheleute sowie die Verwendung des Guthabens. Je häufiger der nicht einzahlende Ehegatte auf das Guthaben des Oder-Kontos zugreift, um eigenes Vermögen zu schaffen, umso stärker spricht sein Verhalten dafür, dass er wie der einzahlende Ehegatte zu gleichen Teilen Berechtigter ist. Verwendet der nicht einzahlende Ehegatte dagegen nur im Einzelfall einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens, kann das darauf hindeuten, dass sich die Zuwendung des einzahlenden Ehegatten an den anderen Ehegatten auf diesen Betrag beschränkt und nicht einen hälftigen Anteil am gesamten Guthaben auf dem Oder-Konto betrifft. Liegen danach hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte vor, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, so trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.
(Quelle: Bundesfinanzhof)
10.11.2011 | Rücktritt vom Aufhebungsvertrag während des Insolvenzeröffnungsverfahrens
Das Bundesarbeitsgericht hat am 10. November 2011 (Az: 6 AZR 357/10) entschieden: Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem mit dem Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossenen Aufhebungsvertrag zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, liegt regelmäßig ein gegenseitiger Vertrag vor. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht in der Regel im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Abfindungszusage des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer kann deshalb nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich vom Aufhebungsvertrag zurücktreten, wenn der Arbeitgeber die Abfindung nicht zahlt, das Rücktrittsrecht nicht ausdrücklich oder konkludent abbedungen ist und dem Arbeitgeber ohne Erfolg eine angemessene Frist zur Zahlung der Abfindung gesetzt wurde. Das Rücktrittsrecht aus § 323 Abs 1 BGB setzt allerdings die Durchsetzbarkeit der Forderung voraus. Daran fehlt es, wenn der Schuldner nicht leisten muss oder nicht leisten darf, zum Beispiel wenn der Arbeitgeber die Abfindungssumme aufgrund einer Anordnung des Insolvenzgerichts nicht ohne Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters an den Arbeitnehmer zahlen darf. Im konkreten Fall stand der Durchsetzbarkeit des Abfindungsanspruchs zudem die „dolo-petit-Einrede“ entgegen. Der Arbeitnehmer forderte mit der Abfindung eine Leistung, die er alsbald nach § 143 Abs. 1 InsO wegen Anfechtbarkeit der Abfindungszahlung zur Insolvenzmasse hätte zurückgewähren müssen. Gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist u.a. eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt hat, wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung den Eröffnungsantrag kannte. Diese Voraussetzungen lagen im konkreten Fall vor.
(Quelle: Bundesarbeitsgericht)
06.10.2011 | Keine Anwendung der 1%-Regelung bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte
Der Bundesfinanzhof hat am 06.10.2011 (Az: VI R 56/10) entschieden, dass die 1%-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) nicht anwendbar ist, wenn der Arbeitnehmer ein betriebliches Fahrzeug lediglich für betriebliche Zwecke sowie für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzt.
Überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt dies nach der ständigen Rechtsprechung des 6. Senats zu einem steuerbaren Nutzungsvorteil des Arbeitnehmers der als Arbeitslohn zu erfassen ist. Der Vorteil ist entweder anhand des Fahrtenbuchs oder, wenn ein Fahrtenbuch nicht geführt wird, nach der 1%-Regelung zu bewerten. Die Nutzung eines Fahrzeugs für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist, so der Bundesfinanzhof, keine private Nutzung, denn der Gesetzgeber hat diese Fahrten in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG der Erwerbssphäre zugeordnet.
(Quelle: Bundesfinanzhof)