11.05.2021 | Der Pferdekauf als Fernabsatzgeschäft
Vielen gewerblichen Pferdeverkäufern ist nicht bewusst, dass auch Pferdekaufverträge, die mit einem Verbraucher ausschließlich über Fernkommunikationsmittel geschlossen worden sind, dem Fernabsatzrecht unterfallen und damit widerrufen werden können.
312c Abs. 1 BGB regelt was unter einem Fernabsatzvertrag zu verstehen ist. Hierbei handelt es sich um Verträge, bei denen für die Vertragsverhandlungen und den Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel (zum Beispiel Telefon, Briefe, Fax, E-Mail, WhatsApp, SMS etc.) im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems verwendet werden.
Wer also z.B. auf seiner Homepage oder auf Online – Plattformen Pferde zum Verkauf anbietet und den Kaufvertrag mit dem Verbraucher nur über Telefon, Fax, E-Mail, WhatsApp, SMS o.ä. zustande kommen lässt, muss damit rechnen, den strengen Verbraucherschutzvorschriften genügen zu müssen.
Dazu gehört neben einer Belehrung über das Widerrufsrecht und die Einräumung einer 14- tägigen Widerrufsmöglichkeit eine Belehrung über das Verfahren der Ausübung des Widerrufs und zwingend auch die Beifügung eines Musterwiderrufsformulars. Erst wenn diese Informationspflichten nach vollständig erfüllt worden sind, beginnt die 14-tägige Widerrufsfrist zu laufen
Fehlt eine solche Information bzw. Belehrung oder ist diese – beispielsweise wegen eines nicht beigefügten Musterwiderrufsformulars – unvollständig, erlischt das Widerrufsrecht erst ein Jahr und vierzehn Tage nach Vertragsschluss.
Der Verkäufer wäre im Fall des zulässigen Widerrufs des Kaufvertrags verpflichtet, das –möglicherweise mangelfreie – Pferd innerhalb dieses Zeitraums gegen Kaufpreiserstattung zurückzunehmen.
20.05.2020 | Ein Pferd für 500.000,00 EURO mit Rittigkeitsproblemen
OLG München, Urteil v. 12.2.2020, 17 U 1682/14 – Ein Pferd für 500.000,00 EURO mit Rittigkeitsproblemen –eine richtungsweisende Entscheidung
Der Kläger hatte Ende des Jahres 2010 von einem Reitlehrer und Pferdeausbilder einen Wallach zum Preis von 500.000 Euro erworben. Zuvor hatte der Kläger das Pferd zweimal probegeritten und in einer Klinik untersuchen lassen.
Die Freude des Käufers an dem Wallach währte nicht lange. Schnell stellten sich Rittigkeitsprobleme ein. Das Wallach widersetzte sich immer stärker den Hilfen der Reiterin, die mit ihm arbeitete, und zeigte Lahmheiten. Ende Juni 2011 ließ der Käufer das Pferd tierärztlich untersuchen. Der röntgenologische Befund zeigte eine physiologische Abweichung von der Norm am Facettengelenk zwischen dem vierten und dem fünften Halswirbel. Diese Abweichung machte der Käufer für die aufgetretenen Rittigkeitsprobleme verantwortlich und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag. Der Verkäufer widersprach und führte die aufgetretenen Rittigkeitsprobleme auf eine unsachgemäße Behandlung des Pferdes zurück.
Mit seiner Klage auf Rückabwicklung hatte der Käufer sowohl vor dem LG München als auch beim OLG München zunächst Erfolg. Die Instanzgerichte bewerteten die physiologische Abweichung an der Wirbelsäule des Pferdes von der Norm als Mangel und sahen hierin einen berechtigten Grund für den vom Käufer erklärten Vertragsrücktritt.
In der Revisionsinstanz kam der BGH zu einem anderen Ergebnis. Hierbei stellte der BGH zunächst klar, dass der Kläger die volle Beweislast dafür trägt, dass der gekaufte Wallach bereits zum Zeitpunkt der Überstellung in seinen Reitstall mit dem geltend gemachten Mangel behaftet gewesen sei. Gemäß § 476 a.F. BGB (entspricht dem heutigen § 477 BGB) werde bei einem Sachmangel, der sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang zeigt, zwar vermutet, dass dieser Sachmangel bereits bei Gefahrübergang vorlag. Diese Vorschrift gelte aber nur für Kaufverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher. Der Reitlehrer und Pferdetrainer, der das Pferd an den Kläger verkauft hatte, habe dieses unstreitig zunächst ausschließlich für private Zwecke erworben und als Dressurpferd ausgebildet und sei daher nicht als Unternehmer im Sinne dieser Vorschrift anzusehen. Die Beweislastumkehr könne der Kläger daher nicht geltend machen.
Nicht jede physiologische Abweichung vom Idealzustand ist ein Mangel
Hinsichtlich des Mangels als solchem verwies der BGH auf seine ständige Rechtsprechung, wonach die Eignung eines klinisch unauffälligen Pferdes für die vertraglich vorausgesetzte Verwendung als Reitpferd nicht schon dadurch beeinträchtigt ist,
- dass aufgrund von Abweichungen von der physiologischen Norm
- eine lediglich geringe Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass das Tier zukünftig klinische Symptome entwickeln könnte,
- die seiner Verwendung als Reitpferd entgegenstehen (BGH-Urteil v. 7.2.2007, VIII ZR 266/06).
Es gehöre zur üblichen Beschaffenheit eines Reitpferdes im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB, dass ein Tier in der einen oder anderen Hinsicht physiologische Abweichungen vom Idealzustand aufweist. Lebewesen die in allen Punkten dem physiologischen Idealzustand entsprechen, existierten in der Realität praktisch nicht.
Diese Grundsätze gelten auch für hochpreisige Dressurpferde und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine vergleichsweise häufige oder um eine seltenere Abweichung vom Idealzustand handelt. Der Röntgenbefund vom Juni 2011 begründe daher für sich genommen noch keinen Sachmangel des Pferdes. Der gerichtlich beauftragte Sachverständige habe insoweit weder Auswirkungen dieses Befundes zum Zeitpunkt der Übergabe des Pferdes feststellen können, noch habe er es für wahrscheinlich erachtet, dass solche tatsächlichen Auswirkungen in Zukunft aus aufträten.
Vor diesem Hintergrund kam der BGH zu dem Ergebnis, dass der Verkäufer im vorliegenden Fall lediglich dafür einzustehen habe, dass das Tier bei Gefahrübergang nicht krank gewesen sei und sich nicht in einem Zustand befunden habe, aufgrund dessen mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte erwartet werden können, dass es alsbald erkranken wird. Anders liege der Fall nur dann, wenn die Vertragsparteien im Kaufvertrag eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung getroffen hätten, was ihnen grundsätzlich aufgrund der Vertragsfreiheit unbenommen sei. Dies sei vorliegend aber nicht geschehen.
Mit diesen Argumenten hat der BGH (Urteil v. 18.10.2017, VII ZR 32/16) das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und den Rechtsstreit an das OLG München zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen. Das OLG München hatte nach den Vorgaben des BGH noch zu klären, ob diverse Rittigkeitsprobleme bereits zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorgelegen hätten, da die Vorinstanz den hierzu gestellten Beweisanträgen noch nicht nachgegangen sei.
Entsprechend den Vorgaben des BGH hat das OLG im weiteren Verfahren einen Sachverständigen mit der Begutachtung von Filmaufnahmen des Pferdes aus dem Zeitraum kurz nach Vertragsschluss beauftragt. Der Sachverständige kam hierbei zu dem Ergebnis, dass das Dressurpferd bis ins Jahr 2012 weder lahmte noch sonstige Auffälligkeiten zeigte. Darüber hinaus stellte der Gutachter fest, dass die Ursache dafür, dass ein Pferd sich seinem neuen Eigentümer widersetzt, mit einer Wahrscheinlichkeit von 50-60 % an der Reiterin liegt, die mit dem Tier arbeitet.
Zeugen hatten insoweit ergänzend berichtet, die Reiterin sei mit dem Wallach äußerst rüde umgegangen. Sie soll sogenannte Schlaufzügel angelegt haben, mit denen der Kopf des Pferdes gegen die Brust gezogen wird und damit für das Tier kaum noch beweglich ist. Eine Zeugin will darüber hinaus Verletzungen an dem Tier bemerkt haben, die typisch für einen übermäßigen Einsatz der Kandare seien.
OLG München hat Klage endgültig abgewiesen
Vor diesem Hintergrund vermochte der Kläger vor dem OLG München nicht den Beweis dafür zu erbringen, dass das Pferd bereits bei Gefahrübergang schwerwiegende Rittigkeitsprobleme aufgewiesen hat und daher mit einem Mangel behaftet war. Im Ergebnis hat das OLG München die Klage daher in vollem Umfange abgewiesen. Eine Revision gegen das Urteil hat der Senat nicht zugelassen.
20.04.2020 | Wer ist Züchter eines aus einem Embryotransfer gewonnenen Fohlens?
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat mit Urteil vom 20. Februar 2020 – III ZR 55/19 darüber entschieden, wer der Züchter eines Fohlens ist, wenn derjenige, bei dem eine in fremdem Eigentum stehende Stute untergestellt ist, diese entsprechend einer Vereinbarung mit der Eigentümerin der Stute auf seine Kosten decken und die befruchtete Eizelle im Wege des Embryotransfers in eine ihm gehörende Austragungsstute einsetzen lässt.
Die Klägerin ist Eigentümerin des international hoch erfolgreichen Dressurpferdes „Weihegold“. Sie brachte die Stute 2011 auf den Hof des Beklagten und vereinbarte mit ihm, dass das Pferd von ihm zur Grand-Prix-Reife ausgebildet wird. Der Beklagte übernahm die Kosten für Pflege, Unterbringung und Beritt. Im Gegenzug räumte die Klägerin ihm das Recht ein, alle ein bis zwei Jahre einen Embryo aus „Weihegold“ zu entnehmen, um hierdurch Fohlen zu gewinnen.
2012 ließ der Beklagte zu 3 „Weihegold“ durch den Hengst „Apache“ besamen, nach zwölf Tagen die befruchtete Eizelle entnehmen und einer in seinem Eigentum stehenden Austragungsstute einsetzen. 2013 gebar diese Stute das Fohlen. Auf Veranlassung des Beklagten stellte ein vereinsrechtlich organisierter Verband von Pferdezüchtern für das Fohlen einen sogenannten Equidenpass und eine Eigentumsurkunde aus. In beiden Papieren ist der Beklagte als Züchter eingetragen.
Die Klägerin macht geltend, nicht der Beklagte, sondern sie sei als Eigentümerin der genetischen Mutterstute die Züchterin des Fohlens. Sie verlangt den ausgestellten Equidenpass und die Eigentumsurkunde einzuziehen und unbrauchbar zu machen.
Das Landgericht Münster hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht Hamm hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die von ihr geltend gemachten Ansprüche setzen voraus, dass der Beklagte in den vorgenannten Urkunden zu Unrecht als Züchter eingetragen wurde. Das ist, wie die Vorinstanzen rechtsfehlerfrei erkannt haben, nicht der Fall. Die Ausführungen des Berufungsgerichts, der zwischen der Klägerin und dem Beklagten geschlossene Vertrag sei dahingehend auszulegen, dass der Beklagte Züchter des aus der Embryoentnahme gewonnenen Fohlens habe sein sollen, sind rechtlich nicht zu beanstanden. Dem Beklagten wurde durch die mit der Klägerin getroffene Vereinbarung die Steuerung des gesamten Zuchtvorgangs übertragen. Er hat die Wahl des Deckhengstes getroffen, die Austragungsstute ausgewählt und erworben, die Deckprämie und die mit Embryoentnahme und -transfer verbundenen finanziellen Belastungen getragen sowie die Tierärzte beziehungsweise Kliniken ausgesucht und beauftragt. Die Klägerin hat hingegen dem Beklagten lediglich die Freigabe zur Embryoentnahme erteilt. Bei dem gesamten Vorgang der Erzeugung des Fohlens hat sie kein Mitspracherecht gehabt.
05.09.2012 | Oberlandesgerichts Hamm bejaht Ansprüche der Käuferin gegen den durch den Verkäufer beauftragten Tierarzt
Der Fall: Ein vom Verkäufer einer Schimmelstute beauftragter Tierarzt haftet gegenüber der Käuferin für Fehler bei einer Ankaufsuntersuchung, auch wenn er mit dem Verkäufer insoweit einen Haftungsausschluss vereinbart hat. Das hat der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 05.09.2013 entschieden.
Im Juli 2010 erwarb die Klägerin aus Kelkheim von einem Pferdeverkäufer eine laut Kaufvertrag vier Jahre alte Schimmelstute als Reitpferd zum Kaufpreis von 2.700 €. Das angegebene Alter entsprach dem im Pferdepass aufgeführten Geburtsdatum des Tieres. Der Kaufvertrag sollte im Falle der erfolgreichen Durchführung einer Ankaufsuntersuchung durch die beklagte Tierarztpraxis wirksam werden. Der Verkäufer beauftragte daraufhin die Beklagte mit der Ankaufsuntersuchung. Diese führte die Beklagte auf der Grundlage von Vertragsbedingungen durch, die Ansprüche der Käuferin gegen die Praxis ausschlossen. In dem über die Ankaufsuntersuchung erstellten Protokoll, das die Käuferin in der Folgezeit billigte, vermerkte der für die Beklagte tätige Tierarzt nicht, dass das Tier noch ein vollständiges Milchgebiss hatte und deshalb – entgegen den Angaben im Pferdepass – noch keine vier Jahre alt sein konnte. Nachdem die Klägerin erfahren hatte, dass das gekaufte Pferd erst ca. 2 ½ Jahre alt war, hat sie von der beklagten Tierarztpraxis Schadensersatz verlangt und diesen mit ihren Aufwendungen für das Pferd bis zum Erreichen des vierten Lebensjahres begründet. Zuvor habe das Tier, so ihre Begründung, einen Minderwert gehabt, weil es nicht als Reitpferd einzusetzen gewesen sei. In Kenntnis des tatsächlichen Alters hätte sie von dem Ankauf im Jahre 2010 abgesehen.
Der 21. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat der Klägerin ca. 4.500 € Schadensersatz zugesprochen.
Der zwischen dem Verkäufer und der beklagten Tierarztpraxis im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Pferdekaufs abgeschlossene Vertrag über die Durchführung einer tierärztlichen Ankaufsuntersuchung entfalte eine Schutzwirkung für den Kaufinteressenten. Ihm gegenüber hafte die Tierarztpraxis für Fehler bei der Ankaufsuntersuchung. Diese Haftung könne im Vertrag zwischen dem Verkäufer und der Tierarztpraxis nicht ausgeschlossen werden. Eine Haftungsfrei-zeichnung nur zu Lasten der Käuferin – wie sie der vorliegende Vertrag enthalte – sei unwirksam.
Bei der Untersuchung der Stute habe der für die Beklagte handelnde Tierarzt eine Pflicht verletzt, weil er die Käuferin auf die sich aus dem Milchgebiss ergebenden Zweifel an dem im Pferdepass angegebenen Geburtsdatum nicht hingewiesen habe. In Kenntnis des tatsächlichen Alters von gut zwei Jahren hätte die Klägerin das Pferd nicht erworben, so dass ihr die Beklagte den Schaden zu ersetzen habe, der ihr durch den Erwerb des Tieres aufgrund des fehlerhaften Befundes entstanden sei. Dieser setze sich aus Unterbringungs-, Verpflegungs- und Behandlungskosten für die Stute in Höhe insgesamt ca. 4.500 € zusammen. Die Kosten seien entstanden, bis das Pferd das Alter von vier Jahren erreicht habe.
(Oberlandesgerichts Hamm, Urteil vom 05.09.2012 – 21 U 143/12)
26.01.2012 | Ansprüche gegen den Pferdeverkäufer und Tierarzthaftung wegen einer fehlerhaften Ankaufsuntersuchung Im Jahr 2012 haben wir einen unserer Mandanten erfolgreich durch zwei Instanzen begleitet.
Der Sachverhalt war übersichtlich: Ein Pferdekäufer ließ eine Ankaufsuntersuchung von einem Tierarzt durchführen. Der Tierarzt übersah hierbei einen gravierenden Mangel des Pferdes. Der Pferdekäufer verklagte den Tierarzt auf Schadensersatz, nachdem der Verkäufer sich geweigert hatte, das Pferd zurück zu nehmen.
Mit Urteil vom 26.01.2012 – VII ZR 164/11 – hat der Bundesgerichtshof in diesem Rechtsstreit ein klares Wort gesprochen und in mehrfacher Hinsicht rechtliche Unsicherheiten bei der Beurteilung derartiger Haftungstatbestände beseitigt. Der BGH stellte fest, dass der Auftrag an den Tierarzt, eine Ankaufsuntersuchung bei einem Pferd durchzuführen, die Verpflichtung des Tierarztes begründet, seinem Auftraggeber das Ergebnis der Ankaufsuntersuchung und insbesondere vorliegende Auffälligkeiten des Tieres mitzuteilen. Hier schuldet der Tierarzt einen fehlerfreien Befund.
Im Falle eines fehlerhaften Befundes haftet der Tierarzt gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des Schadens, der bei dem Vertragspartner dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat. Der BGH stellt klar, dass es dem Käufer überlassen bleibt, zu entscheiden, ob er den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache oder den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung in Anspruch nehmen will. Der BGH macht hier deutlich, dass die Haftung des Tierarztes nicht nachrangig zur Mängelgewährleistungshaftung des Verkäufers besteht.
Mithin eröffnen sich für den Pferdekäufer neue, ergiebige und aussichtsreiche prozessuale Möglichkeiten.
26.01.2012 | BGH verschärft Haftung der Tierärzte
Die „Schonzeit“ für Tierärzte, die einen Fehler bei der Ankaufsuntersuchung machen, ist vorbei.
Der Fall: Ein Pferdekäufer hat eine Ankaufsuntersuchung von einem Tierarzt durchführen lassen, bei welcher der Tierarzt einen gravierenden Mangel des Pferdes übersehen hat. Der Käufer hat nun direkt den Tierarzt auf Schadensersatz verklagt, nachdem der von uns vertretende Verkäufer sich geweigert hatte, dem Kaufpreis zurückzuzahlen.
Der BGH stellt fest, dass der Auftrag an den Tierarzt, eine Ankaufsuntersuchung bei einem Pferd durchzuführen, den Tierarzt nicht nur verpflichte, eine Ankaufsuntersuchung des Pferdes ordnungsgemäß durchzuführen. Der Tierarzt schuldet auch einen fehlerfreien Befund. Im Falle eines fehlerhaften Befundes haftet der Tierarzt gemäß § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz des Schadens, der bei dem Vertragspartner dadurch entstanden ist, dass er das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat.
Der BGH stellt klar, dass es dem Käufer überlassen bleibt, zu entscheiden, ob er den Verkäufer wegen Überlassung einer mangelhaften Kaufsache oder den Tierarzt wegen mangelhafter Durchführung der Ankaufsuntersuchung in Anspruch nehmen will. Etwas anderes kann sich nur ausnahmsweise nach den Maßstäben von Treu und Glauben ergeben, wenn der Verkäufer unproblematisch zur Rückabwicklung des Kaufvertrags bereit ist. Gibt er jedoch –wie hier unserer Mandant- zu erkennen, dass er nicht bereit ist, die geltend gemachten Aufwendungen und Schäden zu ersetzen und den Kaufpreis zurück zu zahlen, so hat der Käufer die freie Wahl, ob er ihn oder den Tierarzt in Anspruch nehmen will. Der BGH macht hier deutlich, dass die Haftung des Tierarztes nicht nachrangig zur Mängelgewährleistungshaftung des Verkäufers besteht.
(BGH, Urteil vom 26.01.2012 – VII ZR 164/11)
24.02.2010 | Zur Anwendung der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf bei einer vom Zuchtverband veranstalteten Pferdeauktion
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine von einem Pferdezuchtverband veranstaltete Pferdeauktion, die von einem öffentlich bestellten Versteigerer durchgeführt wird, als öffentliche Versteigerung anzusehen ist, auf die die Vorschriften des Verbrauchsgüterkaufrechts nicht anzuwenden sind.
Die Klägerin, die hobbymäßig ein Gestüt betreibt, verlangt die Rückerstattung des Kaufpreises für eine im Januar 2005 in einer Auktion des Beklagten ersteigerte Stute. Der Beklagte ist ein anerkannter Pferdezuchtverband. Er organisiert jährlich mehrere Auktionen, in deren Rahmen Pferde der Mitglieder des Beklagten versteigert werden. So auch bei der im Januar 2005 durchgeführten Auktion, die von einem nach § 34b GewO öffentlich bestellten Versteigerer geleitet wurde. Aus den allgemeinen Auktionsbedingungen des Verbandes ergibt sich unter anderem, dass die Versteigerungen vom Verband veranstaltet werden und dass die im Rahmen der Auktion geschlossenen Verträge zwischen dem Ersteigerer und dem Verband zustande kommen. Im März 2005 stellte die Klägerin fest, dass die im Januar ersteigerte Stute die Verhaltensauffälligkeit des „Freikoppens“ aufweist, die den Zucht- und Wiederverkaufswert eines Pferdes mindert. Mit der Klage hat sie deshalb unter anderem die Rückerstattung des Kaufpreises von rund 160.000 € begehrt. Die Klage ist in erster und zweiter Instanz abgewiesen worden.
Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte im Ergebnis Erfolg. Allerdings hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass die Klägerin sich nicht auf die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf berufen kann, weil der in § 474 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelte Ausnahmetatbestand des Verkaufs gebrauchter Sachen in einer öffentlichen Versteigerung erfüllt ist. Die Ausnahme von der Anwendbarkeit der Verbrauchsgüterkaufvorschriften ist zwar nur dann hinnehmbar, wenn der Versteigerer aufgrund seiner Person eine gesteigerte Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Versteigerung einschließlich einer zutreffenden Beschreibung der angebotenen Gegenstände bietet. Das ist jedoch – wie hier – bei einem öffentlich bestellten Versteigerer der Fall. Hingegen ist es nicht erforderlich, dass der Versteigerer selbst Veranstalter der Auktion ist.
Die Sache ist an das Oberlandesgericht zurückverwiesen worden, weil weitere Feststellungen dazu getroffen werden müssen, ob die Verhaltensauffälligkeit des „Freikoppens“ bereits bei Übergabe des Pferdes vorhanden war. Da die in § 476 BGB für den Verbrauchsgüterkauf geregelte Beweislastumkehr nicht zur Anwendung kommt, ist das von der Klägerin zu beweisen. Diese hat dazu aber, anders als es das Oberlandesgericht angenommen hat, hinreichende Anknüpfungstatsachen vorgetragen, zu denen ein Sachverständigengutachten einzuholen sein wird.
(BGH, Urteil vom 24. Februar 2010 – VIII ZR 71/09)