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25.03.2014 | Unbezahltes Praktikum kommt Discounter teuer zu stehen

Der Fall: Die 19-jährige Klägerin hatte im Oktober 2012 in einem Supermarkt ein „unbezahltes Schnupperpraktikum“ angetreten. In der Hoffnung auf einen Ausbildungsplatz reihte sich sodann ein Praktikum an das andere – stets ohne Bezahlung. Nach gut vier Monaten schlossen die Parteien einen Ausbildungsvertrag – gültig ab dem 1.9.2013. Bis dahin sollte die Klägerin weiter unentgeltlich arbeiten.
Im Juli 2013 reichte es der „Dauerpraktikantin“. Die Arbeitszeiten hatte sie glücklicherweise genau dokumentiert, was ihre Prozesschancen entscheidend verbessert haben dürfte. Vor dem Arbeitsgericht bekam sie nun jedenfalls 17.281,50 Euro zugesprochen. Dabei legte das Gericht einen Stundenlohn von 10,- Euro zugrunde. Einen vom Gericht vorgeschlagenen Vergleich in Höhe von 13.000 Euro hatte der Supermarktbetreiber vorher als überzogen abgelehnt.

(ArbG Bochum, Urteil vom 25.3.2014 – Az: 2 Ca 1482/13)

27.02.2014 | Kündigung durch den Insolvenzverwalter während der Elternzeit – Verlust der Möglichkeit der beitragsfreien Versicherung

Wird über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet, besteht das Arbeitsverhältnis zunächst fort. Der Insolvenzverwalter kann das Arbeitsverhältnis allerdings unter Beachtung der kündigungsschutzrechtlichen Bestimmungen kündigen. § 113 Satz 2 InsO sieht dafür eine Kündigungsfrist von höchstens drei Monaten vor, die allen längeren vertraglichen, tariflichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen vorgeht. Als Ausgleich für die insolvenzbedingte vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährt § 113 Satz 3 InsO einen verschuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch. § 113 InsO ist eine in sich geschlossene Regelung, die dem Arbeitnehmer keinen Anspruch darauf gewährt, dass der Insolvenzverwalter von der Höchstfrist des § 113 Satz 2 InsO keinen oder nur eingeschränkten Gebrauch macht, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sozialversicherungsrechtliche Nachteile nach sich zieht. Das Gesetz sieht insoweit allein den Schadenersatzanspruch nach § 113 Satz 3 InsO vor.
Die Klägerin war im Versandhandel als Einkäuferin beschäftigt. Über das Vermögen ihrer Arbeitgeberin wurde am 1. September 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter kündigte gemäß § 113 Satz 2 InsO das Arbeitsverhältnis wegen Betriebsstilllegung zum 31. Mai 2010. Hätte er die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten, wäre das Arbeitsverhältnis erst zum 30. Juni 2010 beendet worden. Die Klägerin befand sich im Zeitpunkt der Kündigung in Elternzeit. Durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlor sie die Möglichkeit, sich weiter beitragsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung zu versichern (§ 192 SGB V). Dies war dem Insolvenzverwalter bekannt. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis erst zum 30. Juni 2010 beendet worden ist. Sie hat die Auffassung vertreten, der Insolvenzverwalter habe ermessensfehlerhaft von der Möglichkeit, die Kündigungsfrist nach § 113 Satz 2 InsO abzukürzen, Gebrauch gemacht. Sie habe unter Berücksichtigung der Wertentscheidung des Art. 6 GG Anspruch auf Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Der Insolvenzverwalter muss den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht an den sich aus § 192 SGB V ergebenden sozialversicherungsrechtlichen Folgen ausrichten. Dass § 113 InsO für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur einen Schadenersatzanspruch vorsieht, steht im Einklang mit Art. 6 GG.

(BAG, Urteil vom 27. Februar 2014 – 6 AZR 301/12)

20.06.2013 | Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung trotz fehlenden Beendigungsdatums

Eine Kündigung muss bestimmt und unmissverständlich erklärt werden. Der Empfänger einer ordentlichen Kündigungserklärung muss erkennen können, wann das Arbeitsverhältnis enden soll. Hierfür genügt die Angabe des Kündigungstermins oder der Kündigungsfrist. Ausreichend ist für das Bundesarbeitsgericht jedoch auch ein Hinweis auf die maßgeblichen gesetzlichen Fristenregelungen, wenn der Erklärungsempfänger hierdurch unschwer ermitteln kann, zu welchem Termin das Arbeitsverhältnis enden soll.
In dem konkreten Fall hatte der Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ ausgesprochen. In dem Kündigungsschreiben war weiterhin angegeben, welche Kündigungsfristen sich aus § 622 BGB ergeben und dass – wegen des eingeleiteten Insolvenzverfahrens – § 113 InsO eine Begrenzung der gesetzlichen, tariflichen oder arbeitsvertraglichen Kündigungsfrist auf drei Monate bewirkt. Über den genauen Inhalt der erwähnten Vorschriften hätte sich der Gekündigte zudem u.a. bei dem im Unternehmen bestehenden Betriebsrat informieren können.

(BAG, Urteil vom 20.06.2013 – 6 AZR 805/11)

22.11.2012 | Unwirksame Kündigung bei fehlerhafter Massenentlassungsanzeige

Nach § 17 Abs. 1 KSchG ist ein Arbeitgeber verpflichtet, vor einer größeren Anzahl, innerhalb von 30 Tagen ausgesprochener betriebsbedingter Kündigungen der Agentur für Arbeit Anzeige zu erstatten. Die Grenze für die Anzahl der Kündigungen ist im Gesetz nach Betriebsgröße gestaffelt (z.B. 5 Kündigungen bei mehr als 20 und weniger als 60 Arbeitnehmern). Das Bundesarbeitsgericht erklärte eine Kündigung nach § 134 BGB für nichtig, wenn im Zeitpunkt ihres Zugangs die gesetzlich vorgeschriebene Massenentlassungsanzeige nicht wirksam erstattet ist.

(BAG, Urteil vom 22.11.2012 – 2 AZR 371/11)

10.11.2011 | Rücktritt vom Aufhebungsvertrag während des Insolvenzeröffnungsverfahrens

Das Bundesarbeitsgericht hat am 10. November 2011 (Az: 6 AZR 357/10) entschieden: Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem mit dem Arbeitnehmer zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geschlossenen Aufhebungsvertrag zur Zahlung einer Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes, liegt regelmäßig ein gegenseitiger Vertrag vor. Die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht in der Regel im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Abfindungszusage des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer kann deshalb nach § 323 Abs. 1 BGB grundsätzlich vom Aufhebungsvertrag zurücktreten, wenn der Arbeitgeber die Abfindung nicht zahlt, das Rücktrittsrecht nicht ausdrücklich oder konkludent abbedungen ist und dem Arbeitgeber ohne Erfolg eine angemessene Frist zur Zahlung der Abfindung gesetzt wurde. Das Rücktrittsrecht aus § 323 Abs 1 BGB setzt allerdings die Durchsetzbarkeit der Forderung voraus. Daran fehlt es, wenn der Schuldner nicht leisten muss oder nicht leisten darf, zum Beispiel wenn der Arbeitgeber die Abfindungssumme aufgrund einer Anordnung des Insolvenzgerichts nicht ohne Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters an den Arbeitnehmer zahlen darf. Im konkreten Fall stand der Durchsetzbarkeit des Abfindungsanspruchs zudem die „dolo-petit-Einrede“ entgegen. Der Arbeitnehmer forderte mit der Abfindung eine Leistung, die er alsbald nach § 143 Abs. 1 InsO wegen Anfechtbarkeit der Abfindungszahlung zur Insolvenzmasse hätte zurückgewähren müssen. Gemäß § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist u.a. eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt hat, wenn sie nach dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und wenn der Gläubiger zur Zeit der Handlung den Eröffnungsantrag kannte. Diese Voraussetzungen lagen im konkreten Fall vor.

(Quelle: Bundesarbeitsgericht)

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