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16.03.2020 | Corona und Überstunden | Arbeitszeit in Zeiten von Corona

Die Frage, ob ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer Überstunden und Mehrarbeit anweisen kann, hängt vom Vertrag ab; eine solche Möglichkeit ist aber meist vorgesehen.
Neben der Mitbestimmung des Betriebsrats sind Überstunden auch am Arbeitszeitgesetz zu messen. Die §§ 3 ff ArbZG regeln verbindliche Höchstgrenzen, von denen nur in Ausnahmefällen abgewichen werden. kann Das ArbZG geht von einer 6-Tage-Woche aus, in der werktäglich 8 Stunden, je Woche also 48 Stunden, geleistet werden dürfen. Eine Erhöhung auf 10 Stunden werktäglich ist nur möglich, wenn die zusätzlich angefallenen Stunden innerhalb von sechs Monaten oder 24 Wochen ausgeglichen werden. Da die meisten Arbeitnehmer heute in einer 5-Tage-Woche arbeiten ist das meist kein Problem.

Auch die Arbeit von mehr als 10 Stunden werktäglich ist nach § 14 Abs. 1 ArbZG möglich, wenn aufgrund vorübergehender Arbeiten in Notfällen oder außergewöhnlichen Fällen, die unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere Weise zu beseitigen sind, z.B. wenn Rohstoffe oder Lebensmittel zu verderben oder Arbeitsergebnisse zu misslingen drohen.

Das Auftreten einer hohen Zahl infizierter oder vorsorglich in häuslicher Quarantäne befindlicher Arbeiternehmern ist sicherlich ein solches außergewöhnliches Ereignis. Solche Pandemien treten weder regelmäßig ein noch sind sie voraussehbar (vgl. BAG, Urteil vom 17. September 1986, 5 AZR 368/85). Auch in solchen Zeiten kann die übertrieben lange Arbeitszeit aber keine Dauerlösung sein. Unternehmen müssen durch Anpassung ihrer Prozesse eine Rückkehr zu „normalen“ Arbeitszeiten erreichen. Außerdem gilt auch in diesen außergewöhnlichen Fällen die Grenze des § 14 Abs. 3 ArbZG, wonach eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von insgesamt 48 Stunden in einem Zeitraum von sechs Monaten oder 24 Wochen nicht überschritten werden darf.

16.03.2020 | „Erbschaft- / Schenkungsteuer: Maßgebende Steuerklasse beim Erwerb vom biologischen Vater“

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 05.12.2019 (Az.: II R 5/17) entschieden: Erbt ein Kind von seinem biologischen Vater, findet auf das Erbe nicht die für Kinder günstige Steuerklasse I Anwendung, sondern es wird nach der Steuerklasse III besteuert. Dasselbe gilt, wenn der biologische Vater seinem Kind zu Lebzeiten eine Schenkung macht.
In dem vom BFH entschiedenen Fall war der Kläger der leibliche, aber nicht der rechtliche Vater. Der Kläger war also der sog. biologische Vater seiner Tochter. Der rechtliche Vater war ein anderer Mann, mit dem die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet war. Der Kläger schenkte seiner leiblichen Tochter 30.000 € und beantragte beim Finanzamt die Anwendung der günstigen Steuerklasse I.
Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass für die Steuerklasseneinteilung nach § 15 Abs. 1 ErbStG die bürgerlich-rechtlichen Vorschriften der §§ 1589 ff. BGB über die Abstammung und Verwandtschaft maßgebend seien. Diese unterscheiden zwischen dem rechtlichen Vater und dem biologischen Vater. So hat nur der rechtliche Vater gegenüber dem Kind Pflichten, wie zum Beispiel zur Zahlung von Unterhalt. Das Kind wiederum, ist nur gegenüber seinem rechtlichen, nicht aber seinem biologischen Vater erb- und pflichtteilsberechtigt. Dies rechtfertigt es, den rechtlichen Vater auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer finanziell besser zu stellen. Könnte ein Kind von seinem rechtlichen und zugleich von seinem biologischen Vater nach der Steuerklasse I erwerben, wäre dies schließlich eine Besserstellung gegenüber Kindern, die, wie in den allermeisten Fällen, nur „einen einzigen“ Vater haben und nur von diesem steuergünstig erwerben können.
(Quelle: Bundesfinanzhof)

04.03.2020 | Hinweis- und Informationspflichten des Arbeitgebers – Schadensersatz

Der Arbeitgeber hat zwar keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Erteilt er jedoch Auskünfte, ohne hierzu verpflichtet zu sein, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein. Andernfalls haftet der Arbeitgeber für Schäden, die der Arbeitnehmer aufgrund der fehlerhaften Auskunft erleidet.

Der im Jahr 2014 in den Ruhestand getretene Kläger war bei der Beklagten beschäftigt. Vor dem Hintergrund des zu Beginn des Jahres 2003 in Kraft getretenen Tarifvertrags zur Entgeltumwandlung für Arbeitnehmer/-innen im kommunalen öffentlichen Dienst (TV-EUmw/VKA) schloss die Beklagte mit einer Pensionskasse einen Rahmenvertrag zur betrieblichen Altersversorgung. Im April 2003 nahm der Kläger an einer Betriebsversammlung teil, auf der ein Fachberater der örtlichen Sparkasse die Arbeitnehmer der Beklagten über Chancen und Möglichkeiten der Entgeltumwandlung als Vorsorge über die Pensionskasse informierte. Der Kläger schloss im September 2003 eine Entgeltumwandlungsvereinbarung mit Kapitalwahlrecht ab. Anfang 2015 ließ er sich seine Pensionskassenrente als Einmalkapitalbetrag auszahlen. Für diesen muss der Kläger aufgrund einer Gesetzesänderung im Jahr 2003 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichten.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger im Wege des Schadensersatzes die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge von der Beklagten. Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe ihn vor Abschluss der Entgeltumwandlungsvereinbarung über das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Einführung einer Beitragspflicht auch für Einmalkapitalleistungen informieren müssen. In diesem Fall hätte er eine andere Form der Altersvorsorge gewählt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Es kann offenbleiben, ob den Arbeitgeber nach – überobligatorisch – erteilten richtigen Informationen über betriebliche Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung überhaupt weitere Hinweispflichten auf bis zum Abschluss einer Entgeltumwandlungsvereinbarung erfolgende Gesetzesänderungen oder entsprechende Gesetzesvorhaben, die zulasten der Arbeitnehmer gehen, treffen. Jedenfalls setzte eine solche Verpflichtung voraus, dass der Arbeitnehmer konkret über diejenigen Sachverhalte informiert worden ist, die durch die (geplante) Gesetzesänderung zu seinen Lasten geändert wurden. Dies traf im vorliegenden Verfahren nicht zu. Auf der Betriebsversammlung ist über Beitragspflichten zur Sozialversicherung nicht unterrichtet worden. Daher konnte auch dahingestellt bleiben, ob der Beklagten das Verhalten des Fachberaters der Sparkasse zuzurechnen ist.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Februar 2020 – 3 AZR 206/18 – Pressemitteilung 8/20

29.02.2020 | Einkommensteuer: Nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Kaufpreisaufteilung

Der 3. Senat des Finanzgerichts Hamburg hat am 17.10.2019 (Az: 3 K 73/18) zur Aufteilung von Anschaffungskosten von Gebäuden einerseits und von Grund und Boden andererseits Stellung genommen:

Wurde die entsprechende Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag vorgenommen, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten grundsätzlich auch der Besteuerung zu Grunde zu legen. Allerdings sind Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter nicht bindend, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kaufpreis sei nur zum Schein bestimmt wordenoder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs i.S.v. § 42 AO seien gegeben.

Denn die Parteien können angesichts der gebotenen Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nicht die Höhe der Steuer des Käufers – konkret seiner AfA – gestalten. Deshalb hat das Finanzgericht im Rahmen der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage im Einzelfall zu prüfen, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen. Eine Korrektur der von den Vertragsparteien getroffenen Aufteilung des Anschaffungspreises auf Grund und Gebäude ist dabei lediglich geboten, wenn sie die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.

Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten stellt hierbei lediglich ein Indiz dafür dar, dass die vertragliche Aufteilung ggf. nicht die realen Werte wiedergibt. Ein solches Indiz kann auch durch andere Indizien entkräftet werden. Das Finanzgericht hat deshalb die Gesamtumstände des Kaufobjekts aufzuklären und dahingehend zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichung nachvollziehbar erscheinen lassen.

Kann danach eine vereinbarte Kaufpreisaufteilung nicht der Besteuerung zu Grunde gelegt werden, hat sie das Finanzgericht entsprechend seiner Gesamtwürdigung der Verhältnisse durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude zu ersetzen.

Es ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden, wenn in einem vom Gericht in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten ein Gutachter zur Ermittlung des Bodenwerts die vom Gutachterausschuss beschlossenen Bodenrichtwerte übernommen hat.

Zu keiner abweichenden Bewertung führt es auch, wenn ein Bodenrichtwert im Zeitpunkt des Vertragsschlusses über die Immobilie noch gar nicht beschlossen und veröffentlicht gewesen ist. Es kommt insoweit ausschließlich auf die objektiven Begebenheiten an. Ein subjektiver Maßstab ist dagegen nicht anzulegen.

(Quelle: Finanzgericht Hamburg)

31.01.2020 | Entgeltfortzahlung Krankheitsfall – Einheit des Versicherungsfalls

Grundsätzlich gilt, dass das Krankengeld von Arbeitnehmern wegen derselben Erkrankung  78 Wochen oder 19,5 Monate innerhalb von drei Jahren (§ 48 SGB V) gezahlt wird. Bei Unterbrechungen werden die Zeiträume zusammengezählt.

Ein einheitlicher Versicherungsfall liegt vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf demselben, medizinisch nicht ausgeheilten Leiden beruht. Ist man bereits krankgeschrieben und es tritt eine weitere Erkrankung hinzu, wird die Leistungsdauer von 78 Wochen nicht verlängert (§ 48 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Ein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch und kein einheitlicher Versicherungsfall entsteht nur, wenn die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits zu dem Zeitpunkt beendet war, zu dem die weitere Erkrankung zur Arbeitsunfähigkeit führte. So auch

– Bundesarbeitsgericht vom 11. Dezember 2019 – 5 AZR 505/18 –

Ist ein Arbeitnehmer krankheitsbedingt arbeitsunfähig und schließt sich daran in engem zeitlichen Zusammenhang eine im Wege der „Erstbescheinigung“ attestierte weitere Arbeitsunfähigkeit an, hat der Arbeitnehmer im Streitfall darzulegen und zu beweisen, dass die vorangegangene Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt des Eintritts der weiteren Arbeitsverhinderung geendet hatte.

Hat ein neuer Drei-Jahres-Zeitraum begonnen und tritt dasselbe Leiden wieder auf, wegen dem Sie bereits einmal 78 Wochen arbeitsunfähig waren, beginnt der Anspruch auf Krankengeld von vorne. Dazu muss man aber weiterhin in der gesetzlichen Krankenkasse und entweder sozialversicherungspflichtig beschäftigt oder arbeitssuchend sein. Darüber hinaus darf in der Zwischenzeit wegen dieser einen speziellen Erkrankung keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen haben.

14.01.2020 | Grunderwerbsteuerpflicht für ein Kaufrechtsvermächtnis

Der Bundesfinanzhof hat am 16.01.2019 entschieden (Az.: II R 7/16), dass ein Kaufvertrag der Grunderwerbsteuer unterliegt, wenn der Bedachte durch Vermächtnis das Recht erhält, von dem Beschwerten den Abschluss eines Kaufvertrags über ein zum Nachlass gehörendes Grundstück zu fordern.
Hintergrund der Entscheidung war folgender Sachverhalt:
Ein Vater setzte seine Tochter als Alleinerbin ein. Zum Erbe gehörte u.a. eine Eigentumswohnung. Zugunsten seines Sohnes, dem Bruder der Alleinerbin, bestimmte der Vater: „Ich vermache meinem Sohn ein Ankaufsrecht an meiner Eigentumswohnung im Haus M. Der Ankaufspreis entspricht dem Verkehrswert der Eigentumswohnung zum Zeitpunkt der Ausübung des Ankaufsrechts.“ Der Bruder erwarb von seiner Schwester mit notariell beurkundetem Kaufvertrag die Eigentumswohnung zu dem seinerzeit aktuellen Verkehrswert in Höhe von 45.000 EUR.
Das Finanzamt setzte für den Kaufvertrag gegen den Bruder Grunderwerbsteuer in Höhe von EUR 2.250,00 fest.
Der Bundesfinanzhof gab dem Finanzamt Recht. Wird nämlich durch Vermächtnis dem Bedachten ein Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrags über ein zum Nachlass gehörendes Grundstück eingeräumt (Kaufrechtsvermächtnis), ist der der Grunderwerbsteuer unterliegende Rechtsvorgang der Kaufvertrag, mit dem dieser Anspruch erfüllt wird. Vermachter Gegenstand nach § 2174 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist in einem solchen Fall der schuldrechtliche Anspruch, den Abschluss eines Kaufvertrags über das Grundstück zu fordern. Erst durch den Abschluss des Kaufvertrags wird der Anspruch auf Übereignung des Grundstücks begründet. Dieser unterliegt dem Grunde nach der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.
Anders ist der Fall zu beurteilen, wenn der Bedachte durch Vermächtnis das Recht erhält, unmittelbar die Übertragung eines bestimmten Grundstücks –ggf. gegen Zahlung eines Kaufpreises– aus dem Nachlass zu fordern. Denn in diesem Fall begründet das Vermächtnis selbst einen Übereignungsanspruch. Ob ein vermachtes Kaufrecht an einem Grundstück in einem Recht auf Abschluss eines Kaufvertrags oder in einem ggf. aufschiebend bedingten Auflassungsanspruch besteht, ist durch Auslegung des Vermächtnisses (§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln.
(Quelle: Bundesfinanzhof)

11.01.2020 | Beweiskraft der Überstunden im elektronischen Arbeitszeitkonto

Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 05.11.2019 – 5 Sa 73/19

1. Führt der Arbeitgeber für den einzelnen Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto und weist er vorbehaltlos eine bestimmte Anzahl von Guthabenstunden aus, stellt er damit den Saldo des Kontos streitlos. Will der Arbeitgeber im Nachhinein den sich aus dem Arbeitszeitkonto zugunsten des Arbeitnehmers ergebenden Saldo erheblich bestreiten, obliegt es ihm ausgehend von einer gestuften Darlegungslast, im Einzelnen darzulegen, aufgrund welcher Umstände der ausgewiesene Saldo unzutreffend sei oder sich bis zur vereinbarten Schließung des Arbeitszeitkontos reduziert habe.

2. Diese Grundsätze gelten nicht, wenn sich der Arbeitnehmer zur Begründung seines Anspruchs auf selbst gefertigte Arbeitszeitaufstellungen beruft, die sich der Arbeitgeber nicht zu eigen gemacht hat. In diesem Fall sind zunächst vom Arbeitnehmer die den behaupteten Saldo begründenden Tatsachen im Einzelnen darzulegen. Die Darlegungslast richtet sich nach den für einen Überstundenprozess geltenden Maßstäben.

(Quelle: LAG MV – 5 Sa 73/19)

01.01.2020 | Arbeitszeiterfassung EuGH: Fortbildung für Arbeitgeber | Geschäftsführer | Personalabteilung

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EuGH 14.05.2019 – C-55/18

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10.04.2019 | Kein Erholungsurlaub während Sonderurlaub

Bisher war Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts  (BAG 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – ), dass ein Arbeitnehmer während eines ganzjährigen Sonderurlaubes, z.B. eines Sabbaticals, den gesetzlichen Urlaubsanspruch erwirbt. Darauf konnte der Arbeitnehmer auch nicht wirksam verzichten. An dieser Rechtsprechung hält das Bundesarbeitsgericht nicht mehr fest:

– BAG vom 19. März 2019 – 9 AZR 315/17 –

Der Grund ist, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf null Urlaubstage während des ganzjährigen Sonderurlaubes erworben hat, weil seine Arbeitspflicht null von sechs Tagen pro Woche bestand.

Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Dies entspricht einem gesetzlichen Jahresurlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer Fünftagewoche. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt – also bei Teilzeitbeschäftigung – , muss die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten.

Befindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, ist bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben.

Macht Sinn!

11.03.2019 | Rechtsweg beim Fremdgeschäftsführer

Es gibt Neues (oder Differenzierteres) bei der Frage der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei Streitigkeiten zwischen einer Gesellschaft und dessen Fremdgeschäftsführer. Die Arbeitsgericht sind zuständig für Arbeitnehmer und (u.a.) Arbeitnehmerähnliche.

Das BAG hat mit

Beschluss vom 21.01.2019 – 9 AZB 23/18 –

festgestellt, das eine Fremdgeschäftsführerin einer GmbH keine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG sein muss. Sie sei vielmehr eher eine arbeitgeberähnliche Person, da Arbeitgeberfunktionen wahrgenommen werden. Auch allein die Verneinung der Fiktionswirkung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG müsse nicht automatisch zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Klagen von abberufenen GmbH-Geschäftsführern führen. Notwendig sei darüber hinaus, dass die Grundvoraussetzung des § 2 ArbGG vorläge, nämlich ein Rechtsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Einer Fremdgeschäftsführerin war aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB gekündigt worden. Der Anwalt der Klägerin erhob Klage beim Arbeitsgericht, da zum Zeitpunkt der Klageerhebung die Organstellung der Klägerin bereits beendet war. So weit auch richtig. Auch das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen entsprechend der Rechtsprechung des BAG zur Fiktionswirkung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG für zulässig erklärt.

Hier sah das BAG das anders. Es sah keinen sogenannten sic-non Fall.

Ein sic-non-Fall wird angenommen, wenn die Klage nur dann begründet sein kann, wenn das Rechtsverhältnis ein Arbeitsverhältnis  ist und nach wirksamer Beendigung der Organstellung dieses Arbeitsverhältnis fortbestehe oder wieder auflebe. In solchen Fällen eröffnet bei streitiger Tatsachengrundlage die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handle sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten (BAG vom 3.12.2014 – 10 AZB 98/14; BAG vom 15.11.2013 – 10 AZB 28/13). Nach den Beschlüssen des BAG vom 22.10.2014 – 10 AZB 46/16 kam es nicht mehr auf die Abrufung als Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Klageerhebung an, sondern darauf, dass zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung eine Beendigung der Organstellung vorlag –  was dazu führen konnte, dass die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit erheblich öfter als früher begründet war.

Im vorliegenden Falle jedoch habe die Klägerin ein wiederaufgelebtes oder fortbestehendes Arbeitsverhältnis nicht schlüssig dargelegt. Daneben sei noch zu prüfen gewesen, dass ob die Klägerin arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG sei mit der Folge, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen hätte eröffnet sein können. Hier aber habe das Landesarbeitsgericht selbst unter Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraums die vom BAG entwickelten Grundsätze zur sozialen Schutzbedürftigkeit als Voraussetzung des Status einer arbeitnehmerähnlichen Person im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG fehlerhaft angewendet. Bei arbeitgeberähnlichen Personen, anders als bei „nur“ leitenden Angestellten, sei diese nicht gegeben.

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