10.04.2019 | Kein Erholungsurlaub während Sonderurlaub
Bisher war Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 6. Mai 2014 – 9 AZR 678/12 – ), dass ein Arbeitnehmer während eines ganzjährigen Sonderurlaubes, z.B. eines Sabbaticals, den gesetzlichen Urlaubsanspruch erwirbt. Darauf konnte der Arbeitnehmer auch nicht wirksam verzichten. An dieser Rechtsprechung hält das Bundesarbeitsgericht nicht mehr fest:
– BAG vom 19. März 2019 – 9 AZR 315/17 –
Der Grund ist, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf null Urlaubstage während des ganzjährigen Sonderurlaubes erworben hat, weil seine Arbeitspflicht null von sechs Tagen pro Woche bestand.
Nach § 3 Abs. 1 BUrlG beläuft sich der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf sechs Tage in der Woche auf 24 Werktage. Dies entspricht einem gesetzlichen Jahresurlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer Fünftagewoche. Ist die Arbeitszeit eines Arbeitnehmers auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt – also bei Teilzeitbeschäftigung – , muss die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, um für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer zu gewährleisten.
Befindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, ist bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben.
Macht Sinn!
11.03.2019 | Rechtsweg beim Fremdgeschäftsführer
Es gibt Neues (oder Differenzierteres) bei der Frage der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte bei Streitigkeiten zwischen einer Gesellschaft und dessen Fremdgeschäftsführer. Die Arbeitsgericht sind zuständig für Arbeitnehmer und (u.a.) Arbeitnehmerähnliche.
Das BAG hat mit
Beschluss vom 21.01.2019 – 9 AZB 23/18 –
festgestellt, das eine Fremdgeschäftsführerin einer GmbH keine arbeitnehmerähnliche Person im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG sein muss. Sie sei vielmehr eher eine arbeitgeberähnliche Person, da Arbeitgeberfunktionen wahrgenommen werden. Auch allein die Verneinung der Fiktionswirkung des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG müsse nicht automatisch zur Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Klagen von abberufenen GmbH-Geschäftsführern führen. Notwendig sei darüber hinaus, dass die Grundvoraussetzung des § 2 ArbGG vorläge, nämlich ein Rechtsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Dem Beschluss lag folgender Sachverhalt zugrunde: Einer Fremdgeschäftsführerin war aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB gekündigt worden. Der Anwalt der Klägerin erhob Klage beim Arbeitsgericht, da zum Zeitpunkt der Klageerhebung die Organstellung der Klägerin bereits beendet war. So weit auch richtig. Auch das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen entsprechend der Rechtsprechung des BAG zur Fiktionswirkung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG für zulässig erklärt.
Hier sah das BAG das anders. Es sah keinen sogenannten sic-non Fall.
Ein sic-non-Fall wird angenommen, wenn die Klage nur dann begründet sein kann, wenn das Rechtsverhältnis ein Arbeitsverhältnis ist und nach wirksamer Beendigung der Organstellung dieses Arbeitsverhältnis fortbestehe oder wieder auflebe. In solchen Fällen eröffnet bei streitiger Tatsachengrundlage die bloße Rechtsansicht der Klagepartei, es handle sich um ein Arbeitsverhältnis, den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten (BAG vom 3.12.2014 – 10 AZB 98/14; BAG vom 15.11.2013 – 10 AZB 28/13). Nach den Beschlüssen des BAG vom 22.10.2014 – 10 AZB 46/16 kam es nicht mehr auf die Abrufung als Geschäftsführer zum Zeitpunkt der Klageerhebung an, sondern darauf, dass zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung eine Beendigung der Organstellung vorlag – was dazu führen konnte, dass die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit erheblich öfter als früher begründet war.
Im vorliegenden Falle jedoch habe die Klägerin ein wiederaufgelebtes oder fortbestehendes Arbeitsverhältnis nicht schlüssig dargelegt. Daneben sei noch zu prüfen gewesen, dass ob die Klägerin arbeitnehmerähnliche Person im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG sei mit der Folge, dass der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen hätte eröffnet sein können. Hier aber habe das Landesarbeitsgericht selbst unter Berücksichtigung eines Beurteilungsspielraums die vom BAG entwickelten Grundsätze zur sozialen Schutzbedürftigkeit als Voraussetzung des Status einer arbeitnehmerähnlichen Person im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 ArbGG fehlerhaft angewendet. Bei arbeitgeberähnlichen Personen, anders als bei „nur“ leitenden Angestellten, sei diese nicht gegeben.
27.10.2018 | Geschäftsführer-Dienstvertrag bei einer GmbH – Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung bei Fehlen einer Bestimmung im Gesellschaftsvertrag
Der Bundesgerichtshof hat am 03.07.2018 (Az. II ZR 452/17) entschieden, dass zum Abschluss, zur Änderung und Beendigung des Dienstvertrags eines Geschäftsführers einer GmbH bei Fehlen abweichender Satzungsbestimmungen die Gesellschafterversammlung zuständig ist. Eine Änderung des Dienstvertrags eines abberufenen Geschäftsführers fällt erst dann unter die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis des (neuen) Geschäftsführers, wenn sich das ursprüngliche Geschäftsführerdienstverhältnis nach der Abberufung in ein gewöhnliches Anstellungsverhältnis umgewandelt hat.
(Quelle: Bundesgerichtshof)
02.10.2018 | Mindestlohn – arbeitsvertragliche Ausschlussfrist
Das Bundesarbeitsgericht hat am 18.09.2018 (Az. 9 AZR 162/18) entschieden, dass eine vom Arbeitgeber vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallklausel, die ohne jede Einschränkung alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit auch den ab dem 1. Januar 2015 von § 1 MiLoG garantierten Mindestlohn erfasst, gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt und – jedenfalls dann – insgesamt unwirksam ist, wenn der Arbeitsvertrag nach dem 31. Dezember 2014 geschlossen wurde.
Im vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte der Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag vom 01.09.2018 ua. geregelt, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.
(Quelle: Bundesarbeitsgericht)
02.10.2018 | Eine Rechnung muss für den Vorsteuerabzug eine Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten, unter der er postalisch erreichbar ist.
Unternehmers enthalten, unter der er postalisch erreichbar ist.“
Bei der Umsatzsteuer setzt der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen anderer Unternehmer eine Rechnung voraus, die –neben anderen Erfordernissen– die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers angibt (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 i.V.m. § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG).
Der Bundesfinanzhof hat nunmehr unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung mit Urteilen vom 21. Juni 2018 (Az. V R 25/15 und V R 28/16) entschieden, dass es nicht mehr erforderlich ist, dass die Rechnung einen Ort angibt, an dem der leistende Unternehmer seine Tätigkeit ausübt.
Für die Angabe der „vollständigen Anschrift“ des leistenden Unternehmers reiche die Angabe eines Ortes mit „postalischer Erreichbarkeit“ aus. Die Rechtsprechungsänderung beruht auf dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union Geissel und Butin vom 15. November 2017 C 374/16 und C 375/16, EU:C:2017:867, das auf Vorlage durch den BFH ergangen ist.
(Quelle: Bundesfinanzhof)
02.10.2018 | Der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk ist vererbbar
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12.07.2018 (Az.: III ZR 183/17) entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht und diese einen Anspruch gegen den Netzwerkbetreiber auf Zugang zu dem Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte haben.
(Quelle: Bundesgerichtshof)
25.01.2018 | Kein Betriebsübergang im Sinne von § 613a Abs. 1 BGB bei fehlendem Wechsel in der für den Betrieb der wirtschaftlichen Einheit verantwortlichen Person
Das Bundesarbeitsgericht hat am 25.01.2018 (Az.: 8 AZR 338/16) entschieden, dass ein Betriebsübergang voraussetzt, dass die für den Betrieb des Unternehmens verantwortliche natürliche oder juristische Person, die insoweit die Arbeitgeberverpflichtungen gegenüber den Beschäftigten eingeht, im Rahmen vertraglicher Beziehungen wechselt. Im zu entschiedenen Fall war diese Voraussetzung nicht erfüllt; die Klägerin hatte ihre Verantwortung für den Betrieb des Unternehmens nicht abgegeben.
(Quelle: Bundesarbeitsgericht)
13.09.2017 | Schenkungsteuer: Zuwendungsverhältnis bei Zahlung eines überhöhten Entgelts durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person
Der Bundesfinanzhof hat am 13.09.2017 in drei Urteilen (Az.: II R 54/15, II R 32/16, II R 42/16) seine rechtliche Beurteilung geändert und entschieden, dass wenn eine GmbH, die unter Mitwirkung des Gesellschafters einen überhöhten Mietzins oder Kaufpreis an eine dem Gesellschafter nahestehende Person zahlt, hierin keine Schenkung der GmbH an die nahestehende Person liegt. Vielmehr kann eine Schenkung des Gesellschafters an die ihm z.B. als Ehegatte nahestehende Person gegeben sein.
(Quelle: Bundesfinanzhof)
30.08.2017 | Keine Umsatzsteuer auf Pokergewinne
Der Bundesfinanzhof hat durch Urteil vom 30. August 2017 (Az. XI R 37/14) entschieden, dass Preisgelder oder Spielgewinne, die ein Berufspokerspieler (nur) bei erfolgreicher Teilnahme an Spielen fremder Veranstalter erhält, kein Entgelte für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung des Pokerspielers (an den Veranstalter oder die Mitspieler) sind und der Pokerspieler deshalb von seinen Spielgewinnen keine Umsatzsteuer abführen muss.
Er begründete dies damit, dass zwischen der Teilnahme an Pokerturnieren, Cash-Games und Internet-Pokerveranstaltungen und den erhaltenen Zahlungen (Preisgeldern und Spielgewinnen) nicht der für eine Leistung gegen Entgelt erforderliche unmittelbare Zusammenhang bestehe. Das Preisgeld oder der Spielgewinn werde nicht für die Teilnahme am Turnier, sondern für die Erzielung eines bestimmten Wettbewerbsergebnisses gezahlt.
Klargestellt hat der BFH dabei allerdings, dass die Teilnahme an einem Pokerspiel eine der Umsatzsteuer unterliegende Dienstleistung gegen Entgelt ist, wenn der Veranstalter an den Pokerspieler hierfür eine von der Platzierung unabhängige Vergütung zahlt (z.B. Antrittsgeld). In einem solchen Fall ist die vom Veranstalter geleistete Zahlung die tatsächliche Gegenleistung für die vom Spieler erbrachte Dienstleistung, an dem Pokerspiel teilzunehmen.
Ebenfalls der Umsatzsteuer unterliegt die Leistung der Veranstalter von Pokerspielen, die Spieler gegen Entgelt (z.B. Turniergebühr) zum Spiel zulassen.
(Quelle: Bundesfinanzhof)
17.07.2017 | Gebrauchtwagenkäufer darf Transportkostenvorschuss vor Nacherfüllung verlangen
Der Bundesgerichtshof hat sich am 19.07.2017 (Az. VIII ZR 278/16) mit der Frage befasst, ob der Käufer eines gebrauchten Pkw dessen Verbringung an den Geschäftssitz des Verkäufers zum Zwecke der Nacherfüllung von der vorherigen Zahlung eines Transportkostenvorschusses abhängig machen darf.
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat hierzu entschieden, dass ein Verkäufer gemäß § 439 Abs. 2 BGB verpflichtet ist, einem Käufer durch Zahlung eines von diesem angeforderten Vorschusses den Transport der (vermeintlich) mangelbehafteten Kaufsache zum Ort der Nacherfüllung zu ermöglichen.
Für die Wirksamkeit des Nacherfüllungsverlangens des Käufers – als Voraussetzung des von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruches (§ 281 Abs. 1 Satz 1 BGB) – ist ausreichend, dass dieser (wenn auch ohne Erfolg) zeitnah einen nicht ersichtlich unangemessenen Transportkostenvorschuss von dem Verkäufer angefordert hat sowie alternativ bereit war, ihm selbst die Durchführung des Transports zu überlassen, beziehungsweise – was dies selbstredend eingeschlossen hat – eine vorgängige Untersuchung des Fahrzeugs an dessen Belegenheitsort zu ermöglichen.